Besser unterwegs
mit Bus und Bahn im Berchtesgadener Land
Der Landkreis startet in diesem Jahr eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des ÖPNV. Verkehrsplaner Stefan Löw vom Landratsamt Berchtesgadener Land berichtet im Interview, von welchen Neuerungen die Fahrgäste bereits in 2023 profitieren und was die nächsten Jahre zu erwarten ist.
Der ÖPNV hat ja nicht nur im Landkreis noch viel Luft nach oben. Abseits der Bahn sind vor allem im nördlichen Landkreis viele Orte ohne Auto schwer erreichbar. Welche Verbesserungen sind geplant?
Es gibt tatsächlich einige Orte im Landkreis, die mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nur sehr schwer zu erreichen sind. Um den ÖPNV im Berchtesgadener Land Schritt für Schritt zu verbessern, wurden in den vergangenen Jahren entscheidende Grundlagen auf den Weg gebracht. So wurde ein sogenannter Nahverkehrsplan mit einem Maßnahmenkatalog erstellt, der als Basis für die weitere Umsetzungsplanung dient. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es unser Ziel ist, für die Bürgerinnen und Bürger im Berchtesgadener Land einen attraktiven ÖPNV zu schaffen – Bus- oder Bahnfahren soll schnell, zuverlässig, günstig und einfach sein, egal wo man im Landkreis wohnt.
Das hört sich erstmal gut an: Ein attraktiver ÖPNV an jedem Ort im Landkreis. Wahrscheinlich ein langer Weg bis dieses Ziel erreicht wird. Was können wir heuer schon erwarten? Was ist für Berufspendler besonders interessant?
Ein langer Weg, aber wir werden ihn mit schnellen Schritten gehen. In diesem Jahr wurden bereits die Angebotsverbesserungen auf den Linien 829 Teisendorf-Anger-Bad Reichenhall, 852 Freilassing-Surheim-Laufen und 853 Freilassing-Saaldorf-Laufen umgesetzt. In manchen Orten an diesen Linien gab es am Wochenende vorher überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Angebot. Nun fahren die Busse unter der Woche jede Stunde und an den Wochenenden einen Zweistundentakt. Eine erhebliche Verbesserung des ÖPNV in diesen Gemeinden.
Im südlichen Landkreis wird ab dem 10.12.2023 auf der Linie 840 Jennerbahn-Berchtesgaden-Salzburg das Angebot zeitweise sogar auf einen Halbstunden-Takt verdichtet. Dank dem Engagement der Gemeinde Schönau a. Königssee fährt auch die Ringlinie Schönau (Linie 843) im Sommer in einem Halbstunden-Takt. So kommt es, dass im Landkreis zwischen Jennerbahn und Berchtesgaden zeitweise alle 15 Minuten ein Bus auf dieser Verbindung fährt. Ein Angebot auf dem Niveau einer Großstadt.
Natürlich haben wir bei all den genannten Linien die Anschlussmöglichkeiten zur Bahn verbessert – vor allem in Teisendorf, Freilassing und Berchtesgaden klappt das gut.
Nun zu den Berufspendlern: Von den oben genannten Angeboten profitiert natürlich auch diese Zielgruppe, da vorwiegend morgens und ab dem späten Nachmittag ein attraktiver Taktfahrplan gefahren wird. Zusammen mit dem Deutschland-Ticket haben nun Personen, die oft fahren, ein äußerst attraktives Gesamtpaket.
Ein Tipp an die Unternehmen in der Region: Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern das Ticket mit mindestens 25 Prozent bezuschussen, erhalten eine zusätzliche Unterstützung vom Bund in Höhe von fünf Prozent. Dadurch müssen Arbeitnehmer lediglich 34,30 Euro statt 49 Euro für das Deutschlandticket zahlen.
Die Verbesserung im Buslinienverkehr sind ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Orte abseits der Linien werden dadurch aber nicht erreicht. Wie möchte der Landkreis diese Orte an den ÖPNV anbinden?
Alle Orte im Landkreis können wir natürlich nicht mit einem konventionellen Linienbus anbinden. Das ist schlicht unmöglich. Da die Fahrgastzahl abseits der größeren Korridore sehr viel geringer ist und sich zu jeder Tages- und Nachtzeit anders verhält, eignen sich hier insbesondere Rufbus-Angebote oder auch „On-Demand-Verkehr“ genannt. D.h. der Bus, also eher ein Kleinbus, fährt nur nach Anforderung durch den Fahrgast. Die Anforderung kann ein Anruf sein oder über eine App auf dem eigenen Smartphone abgegeben werden. Der Bus kommt dann zur nächstgelegenen Haltestelle und bringt den Fahrgast zum Zug, zum Linienbus oder direkt ans Ziel. Die Planungen hierfür laufen gerade auf Hochtouren. Nach der Einführung ist dann nahezu jeder Teil des Landkreises mit dem ÖPNV zu erreichen.
Dann scheint das Ziel trotz des langen Weges nicht mehr weit weg zu sein. Was haben Sie sonst noch vor?
Wir wollen den Tarifdschungel im Landkreis deutlich lichten. Zurzeit braucht man bei der Nutzung von mehreren Verkehrsmitteln im ÖPNV oft unterschiedliche Fahrkarten. Da ist es ziemlich schwer, den Durchblick zu behalten. Um dies deutlich zu vereinfachen, arbeiten die Landkreise Berchtesgadener Land und Traunstein intensiv am Aufbau eines Verkehrsverbunds mit attraktiven Tarifen und einer Bündelung der Verkehrsplanung. Wir denken das Thema ÖPNV ganzheitlich – von der Angebotsausweitung, über die Tarife bis zur Fahrgastinformation. Ohne das wir an allen Stellschrauben drehen, werden wir es nicht schaffen, den ÖPNV zu einer echten Alternative zum Auto zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch!
(28.11.2023)