Wertschätzung von der Schlachtbank bis zum Teller
Die bio-zertifizierten Schlachthöfe in Laufen und Berchtesgaden setzen auf Regionalität
- Zwei Schlachthöfe im Berchtesgadener Land garantieren kurze Wege für die Tiere
- Tierwohl und verantwortungsvoller Umgang mit Mitarbeitern
- Die Kommunen als Eigentümer investieren laufend und erfüllen die EU-Hygienevorgaben
„Wer keine Achtung vor Mensch, Umwelt und Tier hat, braucht nicht zu uns zu kommen.”
Dr. Horst Brunner, Schlachthof Berchtesgaden
Während die Industrie-Schlachthöfe unvorstellbare Massen an Fleisch produzieren und die Branche wegen der Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter in der Kritik steht, gehen zwei Kommunen im Berchtesgadener Land konsequent den gegenteiligen Weg. Die beiden Bio-Schlachthöfe in Laufen und Berchtesgaden setzen statt Gewinnmaximierung auf Tierwohl und Regionalität. Die heimischen Metzger kommen noch mit dem eigenen Personal. Diese sowie Landwirte und Gastgeber sind sehr froh über dieses Angebot und hoffen, dass es die Verbraucher honorieren.
Der Laufener Schlachthof befindet sich „schon ewig” in der Schiffmeistergasse 29, wenige Meter vom Salzachufer entfernt mitten in der historischen Altstadt neben dem Unteren Stadtturm. Bauhofleiter Thomas Streitwieser ist für die kommunale Einrichtung zuständig. Beschäftigt sind dort zwei Metzger als Schlachthofmeister, seit 2009 ist der Schlachthof EU-zertifiziert. Dieser wird politisch hoch gehalten. Seit 2009 ist er EU-zertifiziert. Die Stadt Laufen investierte damals rund 190.000 Euro. Vor zwei Jahren erteilte die Regierung von Oberbayern die Zulassung zum Zerlegebetrieb und gleichzeitig die Bio-Zertifizierung. „Wir wollten den heimischen Bio-Landwirten die Möglichkeit geben, bei uns vor Ort schlachten zu lassen”, argumentiert Streitwieser. Das heißt, sowohl die lebenden Tiere als auch das Fleisch in der Kühlung sind die ganze Zeit strikt getrennt. Der Schlachtvorgang an sich ist gleich, preislich macht die „Bio-Schlachtung” keinen Unterschied. Die Preise regelt die Stadt Laufen in einer Satzung, sie bewegen sich laut Auskunft auf der Internetseite zwischen 10 und 95 Euro, je nach Tier und ob mit oder ohne Zerlegen.
Tiere aus einem Umkreis von 25 Kilometern
Für den Schlachthof Laufen steht Regionalität ganz oben. Deshalb sei die Anfrage eines Interessenten abgelehnt worden, der aus ganz Bayern Tiere anliefern wollte. Das entspreche nicht dem Fingerabdruck, den man in Laufen hinterlassen wolle, so Streitwieser.„Unsere Tiere kommen hauptsächlich aus einem Umkreis von 20 bis 25 Kilometern bis Tittmoning, Waging, Teisendorf und Ainring. Bei uns schlachten Metzger und Selbstvermarkter.” Bei der Zerlegung arbeitet der Schlachthof mit der Erzeugergemeinschaft Traunstein zusammen.
Verbraucher bestimmt über regionale Schlachtung
Schlachttag ist montags ab 4.30 Uhr bis circa mittags, bei Bedarf dürfte auch an einem zweiten Tag der Woche geschlachtet werden. Derzeit kommen an diesen Tagen circa 20 bis 28 Schweine und ein bis fünf Rinder und manchmal noch Schafe zur Schlachtbank. Laut Streitwieser gehen die Tiere ohne Hektik vom Anhänger und werden sofort betäubt und geschlachtet. Die Tiere bekommen nichts mit, in wenigen Minuten ist es geschehen. „Großtiere bestellen wir eingetaktet auf Termin, Schweine warten im Stall, da der Landwirt sie in der Regel zu mehreren bringt. Die Verweildauer ist aber nie lange“, erklärt der Bauhofleiter.
Schlachthof Berchtesgaden: Verantwortung für Mensch und Tier
Ähnlich wie in Laufen ist die Situation beim Schlachthof in Berchtesgaden, der seit circa 1900 in den historischen Gebäuden in der Bergwerkstraße 6 mit herrlichem Blick auf den Watzmann nur wenige Meter entfernt von der Talstation der Obersalzbergbahn untergebracht ist. Zwar ist das Gebäude alt, doch das Innenleben ist hochmodern. Dafür investierte die Marktgemeinde Berchtesgaden viel Geld. Tierarzt Dr. Horst Brunner leitet den Schlachthof. Am Eingang brachte er ein Schild an, auf dem er die Philosophie des Hauses unter anderem mit einem Zitat von Mahatma Ghandi beschreibt: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Gesellschaft kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.”
Ein Tier zu schlachten heiße, das Leben eines Tieres beenden. Da dies notwendig ist, um Fleisch als Nahrung zur Verfügung zu stellen soll das Schlachten mit Ehrfurcht und so schonend wie möglich geschehen, so Dr. Brunner. „Tiere sind Mitgeschöpfe und werden bei uns als solche behandelt. Wer Menschen, Nahrung und Tiere nicht schätzt, braucht nicht zu uns kommen.” Er habe im Schlachthof Berchtesgaden noch nie gesehen, dass Tiere schlecht behandelt werden. „Ich kenne fast alle Landwirte persönlich”, erklärt Dr. Brunner, der in Teisendorf schon seit über 20 Jahren eine eigene Praxis betreibt und sehr viel bei den Bauern im Talkessel unterwegs ist. „Das sind alles feine Menschen.”
EU-Hygienebedingungen und Bio-Zertifizierung
Bis auf die Milchkühe werden die Tiere bereits am Samstag angeliefert und bleiben bis zum Schlachttag am Montag im Stall. Sie tier- und artgemäß zu halten wie es das Tierschutzgesetz vorschreibt gelte genauso für Schlachttiere. Der Schlachtvorgang gehe rasch vor sich, die Tiere kommen in die Schlachthalle und werden laut Dr. Brunner sofort betäubt. Er modernisierte die kommunale Einrichtung in den vergangenen beiden Jahren, derzeit wird der Stall saniert. „Wir stellen unsere Schlachträume den örtlichen Metzgern zur Verfügung”, sagt Dr. Brunner. Die finden beim Schlachthof Berchtesgaden EU-Hygienebedingungen und seit heuer ebenfalls die Möglichkeit zur Bio-Schlachtung vor.
Der amtliche Fleischbeschauer kontrolliert die Fleischhygiene und nimmt mikrobiologische Proben. Der Schlachthof Berchtesgaden ist seit kurzem die einzige Trichinen-Untersuchungsstelle im Berchtesgadener Land, worauf Dr. Brunner sehr stolz ist. Trichinen sind spiralförmige Muskelparasiten. Bei jedem geschlachteten Schwein muss eine Probe entnommen werden. Zwei amtliche Fachassistenten kümmern sich im Schlachthof Berchtesgaden um den ganzen Ablauf, von der Versorgung der Tiere bis zur korrekten Aufbewahrung der Proben. „Wir haben nur Tiere aus der Region für die Region”, sagt Dr. Brunner. Die werden größtenteils aus dem inneren Landkreis und vereinzelt bis aus Fridolfing und Nussdorf angeliefert. Die Metzger kommen mit ihrem eigenen Personal. Neuerdings wird auch die Fleischkontrolle von erlegtem jagdbaren Wild und Gatterwild durchgeführt, wofür der Schlachthof Berchtesgaden eigens die Zulassung erhielt. Die Bayerischen Staatsforsten sind zum Beispiel Kunde.
Beim heimischen Metzger kaufen
Auf die entbrannte Debatte um die Fleischindustrie angesprochen, erklärt Dr. Brunner, dass er sich von den Verbrauchern mehr Verständnis für die Landwirtschaft wünscht und Kinder wieder mehr über die heimische ursprüngliche Nutztierhaltung bis hin zu Schlachtung erfahren. Laufens Bauhofleiter Streitwieser ergänzt: „Regionalität und Bio sind die Zukunft, doch letztlich liegt es am Verbraucher, ob das umgesetzt wird.” Der Schlachthof Laufen sei Dienstleister. Je mehr Leute beim heimischen Metzger einkaufen desto mehr wird in Laufen geschlachtet.
Tanja Weichold
(29.07.2020)